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[HH] Resolution der Stadtteilversammlung „St. Pauli selber machen“

Die Stadtteilversammlung St. Pauli erklärt: Die Erosion demokratischer Rechte auf St. Pauli hat besorgniserregende Ausmaße erreicht. Der Hamburger SPD-Senat stellt sich taub: Kritik der Bevölkerung am Umgang mit der Gruppe Lampedusa oder mit den ESSO-Häusern, an Gentrifizierung oder an Gefahrengebieten wird mit Polizeimaßnahmen beantwortet. Statt von Verhandlungsbereitschaft sind wir Zeugen einer unbeweglichen Ordnungspolitik. Es muss sofort ein Kurswechsel her:

1. Refugees Welcome! Wir unterstützen die Forderungen der Lampedusa in Hamburg Gruppe und fordern Bleiberecht nach §23 und Arbeitserlaubnis für alle.

2. BID: Die derzeit herrschende Investorenlogik schafft soziale Verdrängung und urbane Verödung. Ein Business Improvement District Reeperbahn verstärkt diese Entwicklung, privatisiert öffentlichen Raum und darf nicht eingeführt werden.

3. Hände weg von der Roten Flora!

4. Abschaffung der Gefahrengebiete: Die gesetzliche Grundlage für Gefahrengebiete muss ersatzlos gestrichen werden. Wir fordern außerdem das Ende von willkürlichen Polizeikontrollen nach äußerlichen Merkmalen.

5. ESSO-Häuser: Kaputtbesitzen durch Eigentümer darf nicht belohnt werden. Wir werden den Abriss der ESSO-Häuser nicht hinnehmen. Bevor die Häuser fallen, müssen die politisch Verantwortlichen im Bezirk und im Senat sich bereit erklären, die folgenden Grundsätze im Umgang mit den ESSO-Häusern und dem Gelände festzulegen:

  • Allen Wohnungsmieter/innen wird ein Rückkehrrecht zu den jetzigen oder besseren Bedingungen garantiert.
  • Allen Gewerbemieter/innen wird eine Rückkehr mit langfristige Mietverträgen zu den bisherigen Mieten garantiert.
  • Auf dem Gelände werden ausschließlich Sozialwohnungen gebaut. Eine öffentlich-genossenschaftliche Lösung muss angestrebt werden, um bezahlbaren Wohnungsbestand dauerhaft abzusichern. Genau daran fehlt es auf St. Pauli und in der Stadt.
  • Es gibt einen von unten organisierten, demokratischen Planungsprozess. St. Pauli hat längst gezeigt, dass das lokale Know-How interessante, soziale städtebauliche Lösungen entwickeln kann, die der hervorgehobenen Bedeutung des Geländes am Spielbudenplatz gerecht werden. Der Runde Tisch zu Park Fiction 1997/98 unter Senator Mirow belegt, dass das möglich ist – wenn der politische Wille da ist.
  • Sollte die Bayerische Hausbau sich nicht an diese Grundsätze halten, muss ihr das Grundstück entzogen werden.

Wir laden alle Anwohner/innen und Interessierten dazu ein, ihr Wissen und ihre Ideen in diesen Prozess einzubringen – und werden umgehend damit beginnen, die Planung selbst in die Hand zu nehmen.

St. Pauli, 8.2.2014

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[HH] Stellungnahme der „Initiative ESSO Häuser“ zur #HH2112 Demo

Stellungnahme der Initiative ESSO Häuser zur Demonstration “Rote Flora verteidigen – Esso-Häuser durchsetzen! Gegen rassistische Zustände – Bleiberecht für alle!” am 21.12.2013 in Hamburg

Seit der überstürzten Räumung der Esso-Häuser ist eine Woche vergangen. Seitdem arbeiten einige von uns ohne Unterlass, unterstützen die evakuierten Bewohnerinnen und Bewohner psychologisch, rechtlich und halten die Kommunikation aufrecht. Wir sind wütend über die fehlende Unterstützung des Bezirks und über die Parteinahme für die Investoren, die rechtlich verantwortlich sind für die jetzige Situation.

Gemeinsam mit anderen Initiativen aus der Recht auf Stadt Vernetzung Hamburg haben wir dazu aufgerufen, unter dem Motto “Recht auf Stadt kennt keine Grenzen” einen bunten Block der Demonstration von der Flora zu den Esso-Häusern zu bilden. Doch die Route zum Spielbudenplatz wurde kurz vor Start verboten, die Demonstration von der Polizei daran gehindert, überhaupt loszugehen.

Sofort begann die Polizei, die Demonstration gewaltsam aufzulösen. Über Stunden rückten die Wasserwerfer näher an unseren Lautsprecherwagen heran. Die Menschenmenge des bunten Blocks, in der sich auch Kinder mit ihren Eltern befanden, wurde auf der Straße Schulterblatt zusammengepresst, mit Pfefferspray und Knüppelschlägen eingedeckt. Stundenlang konnten wir uns nicht wegbewegen.

Auf unsere Aufforderung, sich aus der Demonstration zurückzuziehen, reagierte die Polizei sehr zögerlich. Als die Beamten schliesslich doch einige Meter Abstand genommen hatten und die Lage dadurch etwas ruhiger wurde, versuchten befreundete Initiativen und Anwälte erneut, eine Demonstration anzumelden. Doch ohne Erfolg. Wir waren allerdings nicht in der Stimmung, diese Einschränkung der Rede- und Demonstrationsfreiheit schweigend hinzunehmen.

Kundgebung unter erschwerten Bedingungen: Geht doch!

In den frühen Abendstunden gelang es uns, unseren Lautsprecherwagen direkt an den evakuierten Essohäusern zu platzieren und, wie geplant, mit der Kundgebung zu beginnen. Eine Einheit von rund 12 vermummten Polizisten attackierte uns zunächst, versuchte, sich mit Gewalt Zugang zur Ladefläche zu verschaffen, feuerte dabei aus nächster Nähe Pfefferspray, unter anderem in das Gesicht einer 71jährigen Nachbarin, zog es dann aber vor, sich zurückzuziehen.

Dann taten wir das, was wir von Beginn an vorhatten: Wir veranstalteten eine Kundgebung zur Räumung der Essohäuser, zur Verflechtung von Politik, Behörden und den wechselnden Besitzern, zu dem von diesen Leuten zu verantwortenden Verfall der Häuser und der daraus resultierenden Räumung, zu der fortgesetzten Unterstützung der für den Sanierungsstau Verantwortlichen durch den Bezirksamtsleiter, zum Recht auf Stadt, zu der eiskalten und unmenschlichen Behandlung der Lampedusa Refugees durch den von Olaf Scholz geführten Senat, und zur Verteidigung der Roten Flora.

Es ergab sich eine kurze Open Mike Situation mit spontanen Beiträgen von hinzu gekommenen Nachbarinnen und Nachbarn. Die Menge wuchs auf knapp 1000 Menschen an, bevor wir die Versammlung nach etwa 90 Minuten auflösten.

Die zweite Phase der Auseinandersetzung um die Esso-Häuser ist eingeleitet. In St. Pauli wird keine Ruhe einkehren, wenn Stadt und Bezirk nicht eine 180 Grad Wende einläuten, das Gekungel mit den Investoren aufhört – und ein Runder Tisch mit entscheidungsfähiger Beteiligung des Stadtteils, der MieterInnen und des Gewerbes eingerichtet wird, um eine 100% soziale Lösung mit Rückkehrrecht für alle MieterInnen und Gewerbetreibenden und eine öffentlich-genossenschaftliche Lösung zu entwickeln, die der hervorgehobenen Bedeutung dieses Ortes gerecht wird.

Trotz des aktuellen Drucks haben wir uns den Raum genommen, um unsere Version der Geschichte zu erzählen. Die existentielle Dramatik der aktuellen Situation macht uns noch entschlossener, unseren Einsatz für eine andere, bessere, sozialere und interessantere Stadt zu vervielfachen.

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