Gemeinsame Stellungnahme zum wiederholten Bruch der „Oranienplatz Einigung“

 
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Berlin, 23.10.2014
Gemeinsame Stellungnahme zum wiederholten Bruch der `Oranienplatz Einigung´

Wir protestieren gegen das unmenschliche Vorhaben des Landesamtes für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), über 85 Geflüchtete der Unterkünfte Haarlemerstr. 89, Marienfelder Allee und der Gürtelstr. 39, in die Obdachlosigkeit zu schicken.

Lediglich 24 Stunden im Vorlauf haben über 85 Geflüchtete in den jeweiligen Unterkünften durch Namenslisten, welche den Heim-Trägern vom LAGeSo gegeben wurden, erfahren, dass sie über Nacht, bis zum 22.10.2014 um 10 Uhr, ihre Unterkünfte verlassen müssen. Über 85 Geflüchteten wurde trotz einbrechender Kälte und Mittellosigkeit keine andere Möglichkeit angeboten unterzukommen, noch wurde Ihnen die Möglichkeit gegeben, Zeit zu gewinnen, um zumindest nach Notunterkünften zu suchen.

Es handelt sich dabei unter anderem um Geflüchtete des Oranienplatzes, die mit dem Berliner Senat Anfang diesen Jahres ein `Einigungspapier Oranienplatz´ abgeschlossen hatten. Dieses Einigungspapier sollte eigentlich garantieren, dass alle Unterzeichner*innen, also alle vom Oranienplatz zwangsgeräumten Geflüchteten, vom Senat eine Unterkunft sowie ein ordentliches Asylverfahren in Berlin erhalten. Weiterhin sollten in dieser Zeit keine Abschiebungen der Unterzeichner*innen durchgeführt werden.

Bis zu diesem Tage wurde keine der Zusagen, welche vom Berliner Senat ausgesprochen und unterzeichnet wurden, eingehalten. So wurde bereits im Juli 2014 der Oranienplatz-Aktivist Badra Ali Diarra in Sachsen-Anhalt in Abschiebehaft genommen. Erst durch öffentlichen Druck und den Einsatz vieler Unterstützer*innen stellte das Landgericht Magdeburg die Unrechtmäßigkeit der Inhaftierung fest und ließ Diarra wieder frei.

Die heutige Massenräumung und der Zwang in die Obdachlosigkeit von über 85 Menschen reihen sich ein in eine lange Liste von Unmenschlichkeiten und Ungerechtigkeiten des Berliner Senats sowie des LAGeSo gegenüber Geflüchteten.

Auch die Gerhart-Hauptmann-Schule in der Ohlauer Straße ist akut räumungsbedroht. Der Bezirk hat die Bewohner*innen aufgefordert, bis 1. November die Schule zu verlassen. Es ist deswegen in den nächsten Wochen mit einem gewaltsamen Räumungsversuch zu rechnen. Nach dem ersten Räumungsversuch der Schule im Juli wurde den Geflüchteten ein selbstorganisiertes Geflüchtetenzentrum versprochen. Dieses Versprechen hat der Bezirk ebenso gebrochen, jetzt soll in der Schule ein ganz normales Lager entstehen. Was die Geflüchteten in den Lagern erwartet, machten zuletzt die Zustände in NRW deutlich. Dort hatte ein privater Sicherheitsdienst Geflüchtete gefoltert und verprügelt.

In einer Pressemittleilung vom Oranienplatz heißt es:

„Für die Zeit der aufenthaltsrechtlichen Prüfung sind den Menschen Unterbringung und Sozialleistungen des Landes zugesichert wurden. Doch dass die aufenthaltsrechtliche Prüfung in rund 20% der Fälle noch gar nicht abgeschlossen ist, scheint der Ausländerbehörde und LAGeSo schlichtweg egal zu sein. In einem Einzelfall hat die aufenthaltsrechtliche Prüfung noch gar nicht begonnen, obwohl explizit um eine Einladung gebeten wurde, diese aber nicht erfolgte. Der Senat offenbart mit seinem willkürlichen und intransparenten Vorgehen abermals seinen menschenunwürdigen Umgang mit Flüchtlingen in dieser Stadt.“

Wir appellieren an die privaten Träger der Haarlemerstr. 89, Marienfelde Allee und der Gürtelstr. 39, sich mit den Geflüchteten zu solidarisieren und nicht zu Vollstreckern von Unmenschlichkeit zu werden, sondern für die Wahrung der Würde des Menschen einzustehen und die Geflüchteten vor der Obdachlosigkeit zu bewahren!

Wir fordern, dass der Berliner Senat die Zusagen aus dem `Einigungspapier Oranienplatz´ einhält und sein Vorgehen gleichzeitig transparenter macht! Des Weiteren fordern wir den Schutz nicht nur der 85 Geflüchteten, sondern aller Geflüchteten vom Oranienplatz und der Bewohner*innen der Gerhart-Hauptmann-Schule in der Ohlauer Straße vor der Obdachlosigkeit sowie die Einhaltung der versprochenen Asylverfahren in Berlin!

DIE UNTERZEICHNER*INNEN:

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