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Offener Brief der Nutzer*innen des selbstverwalteten Raums 004 im Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin // 22.02.2017

Sehr geehrte Stadtbewohner*innen, Stadtteilinitiativen, Nutzer*innen von selbstverwalteten Strukturen, Journalist*innen und wissenschaftspolitische Sprecher*innen,

liebe Studierende, liebe Instituts- und Hochschulangestellte,

am 10.02.17 wurde eine der zentralen Forderungen unseres Protests erfüllt: Andrej Holm bleibt Dozierender an der HU. Wir müssen jedoch ausdrücklich betonen, dass unsere weiteren Forderungen weit davon entfernt sind, Erfüllung zu finden. Aus diesem Grund ist unser Protest, der sich als stadt- und hochschulpolitisch versteht, noch längst nicht vorbei. Von Beginn an fordern wir einen Raum zur studentischen Selbstorganisierung und emanzipatorischen Vernetzung auf dem Campus Mitte der HU. Wir möchten hiermit noch einmal ausführen, was damit gemeint ist.

Seit bald fünf Wochen nun organisieren wir uns in basisdemokratischer Form selbst. Die Menschen, die sich bislang zusammengefunden haben, sind nicht damit einverstanden, dass politische Entscheidungen alleine von Hochschulleitungen und Regierungen über die Köpfe der Betroffenen hinweg getroffen werden. Deshalb haben wir uns einen Raum angeeignet, der die Möglichkeit zur Selbstorganisation und Basisdemokratie bietet, der also das Gegenteil von dem ermöglicht, was wir kritisieren.

Ob hochschul- oder stadtpolitische Gruppen, ob verdrängte Mieter*innen oder prekarisierte Mitarbeiter*innen der Hochschulen: sie alle brauchen Räumlichkeiten, um die nächste Aktion für ein Recht auf Stadt und eine Uni von unten zu planen. Dieses Verständnis von Demokratie findet nicht in Parlamentssälen und Ministerial- und Senatsräumlichkeiten statt, sondern durch die Selbstorganisierung der politischen Subjekte – nämlich von unten.

Um den Raum als Ort für Vernetzungs-, Gruppen-, und Bündnisplena nutzen zu können muss er dauerhaft sein, über seine Nutzung darf nicht die Uni entscheiden und seine Gestaltung darf keinen Bedingungen von außen unterliegen. Weder der Fachschaftsraum, noch ein studentisches Café eignen sich zu diesem Zweck, da sie weder offen für alle, noch frei von Regularien und Normen der Hochschule sind. Dieser Raum soll dazu dienen, Stadt und Universität wieder zusammenzubringen, die künstliche Trennung zwischen ihnen wieder aufzulösen, um die Entstehung von kritischer Bildung und Bewegung zu fördern und gewährleisten. In ihm soll nicht nur überlegt werden, was an den aktuellen Zuständen geändert werden muss, sondern wie man diese Überlegungen aktiv umsetzt. Kurz gesagt: Wir wollen Theorie praktisch werden lassen.

Für dieses Bestreben ist auch die Lage des Raums nicht unwesentlich. Recht auf Zentralität und Recht auf Differenz sind wesentliche Bestandteile des Rechts auf Stadt. Der Bezirk Mitte gehört zu den am stärksten von Gentrifizierung betroffenen, in deren Folge viele Mieter*innen verdängt wurden. Der Raum trägt nach Mitte wieder das, was es hier kaum noch gibt: einen Raum, in dem Menschen nicht konsumieren müssen um sich dort aufzuhalten und mitzuentscheiden, sondern in dem ein solidarisches Miteinander als Voraussetzung praktiziert wird. Nicht nur eine Uni von unten kann hier fortgeführt werden, sondern auch Initiativen aus ganz Berlin können hier gemeinsam an einer Stadt von unten arbeiten. Wir wollen einen Raum inmitten des städtischen und universitären Alltagsbetriebs, der für alle, die sich kritisch mit diesem auseinandersetzen und Solidarität praktisch werden lassen wollen, ohne großen Aufwand zugänglich ist.

Deshalb rufen wir, die Nutzer*innen des selbstverwalteten Raums, sämtliche Personen, Gruppen und Institutionen dazu auf, die selbstverwaltete Struktur im Raum 004 des Instituts für Sozialwissenschaften anzuerkennen und mit allen Mitteln einer Räumung entgegenzuwirken, um somit dem grunddemokratischen Ziel der gesamtgesellschaftlichen Emanzipation nicht im Wege zu stehen!

Mit den besten Grüßen

die Nutzer*innen des selbstverwalteten Raums im Institut für Sozialwissenschaften der HU

Quelle: http://iswbesetzt.blogsport.eu/

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Erfolgreiche Besetzung des ISW beendet – Protest geht weiter: ISW war nur der Anfang! // 16.02.2017

Zu Dokumentationszwecken veröffentlichen wir hier die folgende Erklärung des #iswbesetzt vom 16.02.2017.

Am heutigen Donnerstag erklärten die Besetzer*innen des ISW, den Kampf für eine andere Hochschule und eine gerechte Stadtpolitik fortzusetzen, wenn auch nicht in Form der Besetzung des Instituts. Ein Raum bleibt dauerhaft unter studentischer Verwaltung.

„In vier Wochen Besetzung haben wir nicht nur erkämpft, dass Andrej Holm an der HU verbleibt. Wir haben vor allem einen Raum der Politisierung und Vernetzung geschaffen. Wir haben damit der Bewegung für eine gerechtere Stadt und eine bessere Hochschule einen starken und nachhaltigen Impuls verliehen. Die Besetzung des ISW war nur der Anfang. Wir machen weiter!“, erklärte eine Besetzerin.

Auf einer Pressekonferenz stellten die Besetzer*innen einen neuen Forderungskatalog vor. Darin wird u.a. die Rekommunalisierung von sozialem Wohnraum und Abschaffung des „leistungsbasierten Hochschulfinanzierungssystems“ für die Berliner Hochschulen gefordert. „Der Forderungskatalog wurde in einem einmonatigem Dialog erarbeitet und leistet einen wichtigen Beitrag zur hochschul- und stadtpolitischen Debatte. Doch er wird nicht ein Stück Papier bleiben. Wir werden aktiv dafür kämpfen, dass er Realität wird!“, sagte eine Besetzerin. Die Forderungen richten sich jeweils an Berliner Senat, Präsidentin sowie Akademischen Senat der HU Berlin, die Leitung des ISW sowie Mitmenschen im Allgemeinen.

Die Besetzung des Instituts erfuhr eine äußerst breite Solidarität. So formulierten die gesamte studentische Selbstverwaltung der Humboldt-Universität sowie die ASten aller Berliner Universitäten ihre Unterstützung. Zahlreiche Menschen, darunter Aktivist*innen, Professor*innen und Dozent*innen, bereicherten das Programm der „Uni von Unten“ mit Vorträgen und Workshops. Stadtpolitische Initiativen waren von Beginn Teil der Besetzung durch Beiträge zu Programm und der gemeinsamen Organisation der großen Demonstration Ende Januar. „Wir danken allen Initiativen, Organisationen und Personen, die unseren Protest und unsere Besetzung unterstützt haben. Ohne die große Unterstützung wäre all das nicht möglich gewesen!“

Während die Besetzung des Instituts beendet wird, wird ein Raum dauerhaft umgenutzt und unter studentische Verwaltung gestellt. Eine Besetzerin erklärt dazu: „Eine unserer Forderungen war von Beginn der Besetzung an ein dauerhafter Raum zur studentischen Selbstorganisierung und emanzipatorischen Vernetzung. Diese Forderung erfüllen wir heute selber. Raum 004 des Instituts für Sozialwissenschaften wird von uns verwaltet und für emanzipatorische Initiativen und Menschen geöffnet, egal ob Studierende oder nicht.“

„Mit der gleichen kämpferisch-guten Laune und der gleichen Entschlossenheit, mit der wir uns in den letzten vier Wochen diesen Raum angeeignet haben, verlassen wir ihn wieder. Wir werden für eine Weile unsichtbar. Doch mit der gleichen Entschlossenheit werden wir wieder auftauchen. Man wird von uns hören!“, schließt eine Besetzerin.

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Stadtpolitisches »Hearing« – Mieter*innen- und Stadtteilinitiativen besprechen die Koalitionswilligen – 2. Nov um 18:30

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Am Mittwoch, den 2. November haben alle Fach- und Spitzen-Politiker*innen Berlins die Möglichkeit, den gesammelten Lösungsvorschlägen der städtischen Initiativen-Bewegung zuzuhören. Wir laden um 18.30 Uhr ein ins Familien- und Nachbarschaftszentrum im Wrangelkiez und sagen der Landespolitik, was wir von ihr wollen.

Das Hearing ist am Mi., 2.11.16, 18.30 Uhr, im Nachbarschafts-Centrum, Cuvrystr.13.

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Offener Workshop // Was ist anarchistische Stadtpolitik? // Donnerstag 22. September, 19:00 – 21:00 Uhr

anarchie_stadpolitik

Was ist anarchistische Stadtpolitik? – Es ließe sich ebenso gut und, meiner Ansicht nach, weitgehend synonym von demokratischer, radikaler oder einfach politischer Stadtpolitik sprechen, was lediglich eine andere Reihe von Missverständnissen und Streitfällen provozieren würde. Dennoch ist die Bezeichnung nicht willkürlich gewählt und sei es, weil die andernfalls zu erwartenden Missverständnisse durch sie vermieden werden. (Jan Rolletschek: Vgl. Den gleichnamigen Artikel in: Gai Dào. Zeitschrift der anarchistischen Föderation Nr. 66-69 (Juni-Sept. 2016)

Donnerstag 22. September, 19 – 21:00 Uhr

in der Laube im Prinzessinnengarten (warm Kleiden)

U.-Bhf- Moritzplatz

 

In einem Inputvortrag stellt Jan Rolletschek seine Thesen zu einer ‚anarchistischen Stadtpolitik‘ zur Diskussion. Vertreterinnen der Initiative Stadt von Unten, der Regionalberatung Berlin-Brandenburg des Mietshäuser Syndikat sowie der Nachbarschaftsakademie werden seine Thesen anschließend aus dem Blickwinkel ihrer jeweiligen Praxiserfahrung kommentieren und zu einer gemeinsame Diskussion eröffnen.

An Jans Thesen interessieren uns insbesondere seine praktische Einschätzung als auch die Ansätze zu einer Theorie gesellschaftlicher Transformation. Letztere gewinnt er aus einer kritischen Auseinandersetzung mit den Theorien der „Kommunisierung“, nicht um sie zu verwerfen, sondern um sie auf eine bestimmte Weise zu bestätigen. Die Kommunisierung bezeichnet allgemein einen sofort einsetzenden Prozess der antizipativen Transformation menschlicher Beziehungen hin zu einer Gesellschaft freiwillig assoziierter Individuen, in der Macht und Mitbestimmungsmöglichkeiten möglichst gleichmäßig verteilt sind und alle Aspekte der gesellschaftlichen Reproduktion kollektiv ausgehandelt werden. Dabei argumentiert Jan für ein komplexes und bewegliches Denken der Politik, gegen eine Politik der „Reinheit“ und wirbt zugleich für weitergehende Bündnisse.

Als zweiter Schwerpunkt interessiert uns das Verhältnis von Stadt und Land innerhalb der Stadtpolitik. Städte sind mittlerweile die Zentren des Ressourcenverbrauchs. Dabei stehen sie in einer ursprünglichen Beziehung zu lokalen und globalen ländlichen Räumen, welche die Metropolen versorgen und oftmals durch deren Ressourcenverbrauch verwüstet werden. Wie können städtische und ländliche Räume aus stadtpolitischer Perspektive strategisch zusammengedacht werden?


Materialien

Jan Rolletschek, Was ist anarchistische Stadtpolitik? Grundbausteine, Aufgaben und Probleme in: Gai Dào. Zeitschrift der Anarchistischen Föderation, Artikel in vier Teilen: Nr. 66(Juni 2016) bis Nr. 69 (September 2016), online: https://fda-ifa.org/


Gäste

Jan Rolletschek ist Kulturwissenschaftler und beschäftigt sich im Rahmen seiner Dissertation mit den Verbindungen zwischen dem Philosophen, Literaten und Revolutionär Gustav Landauer und dem Philosophen Baruch de Spinoza. Außerdem ist er in der Gustav Landauer Denkmal Initiative in Berlin  aktiv.

Das Mietshäuser Syndikat ist ein bundesweit agierender Verbund von 112 selbstverwalteten Hausprojekten, welche durch die besondere Rechtsform dauerhaft „dem Markt entzogen“ sind. Aus diesem Netzwerk heraus findet ein Solidartransfer zwischen Etablierten und neuen Gruppen statt.

Die Initiative Stadt von Unten setzt sich vielfältig gegen die Privatisierung des sogenannten Dragonerareal in Kreuzberg ein, sie opponiert damit auf interessante Weise dem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Mit Ihrer Idee eines 100%-Modells setzt sie sich außerdem für wirklich bezahlbare Mieten in einer Kombination aus Selbstverwaltung und komunalen Strukturen ein.

Die Nachbarschaftsakademie wurde 2015 als offene Plattform des Austausches und des selbstorganisierten Lernens in den Prinzessinnengärten gegründet. In Kooperation mit KünstlerInnen, Forschenden, stadtpolitischen und zivilgesellschaftlichen Initiativen und AktivistInnen widmet sie sichden Themen: Austausch zwischen Initiativen im urbanen und ländlichen Raum / Herstellung von Nachbarschaften im lokalen wie im globalen Kontext / Sorge um die Gemeingüter / Recht auf Stadt / Stadt-Land-Beziehungen / sozial-ökologische Transformationen von Unten. Unterschiedliche Prozesse der Aneignung, des Widerstandes, des partizipativen Forschens und des Engagements verstehen sie dabei als Formen Kollektives Lernens.

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